Dienstag, 7. April 2009

Zwiespältig

Was mich in Hamburg schon von Beginn an erstaunt hat ist eine Kleinigkeit, die ich oft auf dem Weg zur Arbeit beobachte...

Ich dachte, in Hamburg, ja da sitzen die großen Verlagshäuser. Da streiten sich G&J mit Bauer oder dem Spiegelverlag um die bestmögliche Qualität ihrer Bücher. Anscheinend bewerte ich die bestmögliche Qualität etwas anders als die Chefetage der Papierriesen. Denn ich habe in Hamburg keine Tageszeitung gefunden, die ich wirklich gerne mag. Ich hatte auf eine Zeitung gehofft, die alles kann. Ich möchte doch informiert, angeregt, unterhalten und manchmal habe ich für all das nur wenige Minuten Zeit. In den kurzen Minuten möchte ich mich nicht noch über die schlechte Zeitung ärgern. Also, nichts gefunden. Das Verwunderliche daran ist: Die Hamburger selber haben das auch nicht. Natürlich gibt es die Bild Hamburg und die Hamburger Morgenpost, die mit reichlich Auflagen- und Leserzahlen glänzen, aber danach wird es dünner im Blätterwald. Und über die Qualität besagter Marktführer lässt sich sicherlich auch streiten. Richtig unentschlossen ist das Hamburger Abendblatt. Als Erstleser möchte man, dass es eine richtig gute Zeitung ist. Sie hat einen klangvollen Namen, schöne alte Lettern auf dem Titel und eine ansehnliche Geschichte. Aber man spürt auch Springer dahinter und kommt unwillkürlich zum Vergleich mit der Berliner Morgenpost, die auch viel will und wenig kann. Es war eine herbe Enttäuschung.

Jeden Morgen in der U-Bahn begegnen mir ähnlich zwiegespaltene Personen wie ich es in diesem Fall eine bin. Und was tun sie nun?

Ganz einfach, sie kaufen zwei Tageszeitungen. Die Süddeutsche, oder noch häufiger die FAZ, und das Abendblatt. Während der München-Teil der geliebten Bayern-Revue meist achtlos auf dem Sitz liegen bleibt, wird aus dem Abendblatt nur der Teil hervorgezogen, der etwas kann: der Lokalteil. Der Teil, der sagt, wie Pauli gespielt hat, welches Festival demnächst am Jungfernstieg stattfindet, welches Restaurant im Portugiesenviertel zu empfehlen ist und welche Busumleitung erneut zu Rentnerempörung geführt hat. Bevor man sich also Leitartikeln, Theaterkritiken und Wirtschaftsdramen widmet, gönnt man sich einen kurzen Ausflug in die eigene Nachbarschaft. Meist mit einem Schmunzeln. Das Leben ist schwer genug.

Merkwürdig, die Hamburger. Zumindest gibt es ja noch "DIE ZEIT"!

Schöne Woche.
Ella